Die Relevanz zeitlicher Codierung für das Richtungshören mit Cochlea-Implantaten

The relevance of temporal coding for spatial hearing with cochlear implants

Nicole Rosskothen-Kuhl1,2, Jan W. H. Schnupp3,4
1Neurobiologisches Forschungslabor, Sektion für Experimentell-klinische Otologie, Klinik für HNO-Heilkunde, Universitätsklinikum Freiburg, Fakultät für Medizin, Freiburg, Deutschland; 2Bernstein Center Freiburg & Fakultät für Biologie, Universität Freiburg, Deutschland; 3Gerald Choa Neurowissenschaftliches Institut, Chinesische Universität Hongkong, Sha Tin, China; 4Department of Otorhinolaryngology, Head and Neck Surgery, Chinesische Universität Hongkong, Sha Tin, China

Zusammenfassung: Cochlea-Implantate (CIs) haben die Wiederherstellung des Gehörs revolutioniert, wenngleich sie immer noch Limitierungen aufweisen. Während sich viele Forschungsanstrengungen auf die Optimierung der Übertragung von spektralen Informationen konzentrierten, wurde der Nachbildung der präzisen zeitlichen Feuermuster des Hörnervs, die beim normalen Hören beobachtet werden, relativ wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Unsere Forschung untersucht Faktoren, die zu dem in der Regel schlechten räumlichen Hören mit CIs beitragen, indem wir die Empfindlichkeit gegenüber interauralen Laufzeitdifferenzen (ITD) bei CI-versorgten Ratten untersuchen. Dieses Tiermodell ermöglicht es uns, Störungen zu umgehen, die sich aus den Bedürfnissen der Patienten und der klinischen Praxis ergeben und die die Forschung an menschlichen Probanden beeinträchtigen. Wir trainierten und testeten neonatal ertaubte Ratten mit beidseitigen CIs, die durchgängig informative Puls-Timing-ITD lieferten. Wir stellten fest, dass ihre ITD-Sensitivitätsschwellen selbst bei klinischen Stimulationsraten genauso gut waren wie die von normalhörenden Ratten. Darüber hinaus konnten wir feststellen, dass die Abgabe von ITD über die Pulsfolge wesentlich effektiver ist als die Präsentation von ITD über die Hüllkurven der Pulsfolge. Zudem können selbst kleine widersprüchliche ITD erhebliche interaurale Pegelunterschiede (ILD) vereiteln. Unsere Ergebnisse deuten stark darauf hin, dass viel bessere binaurale Ergebnisse mit bilateralen CIs erzielt werden könnten, wenn die Patienten durchgängig nützliche und präzise Puls-Timing-Information erhalten würden. Zudem liefern unsere Resultate wichtige Hinweise, warum das uninformative Puls-Timing, das von der Mehrzahl der aktuellen klinischen CI-Prozessoren geliefert wird, das Richtungshören von CI-Patienten behindern kann.

Stichwörter: Taubheit, Prothetik, Cochlea-Implantat, binaurales Hören, interaurale Laufzeitdifferenz, Psychoakustik, Hörerfahrung

Abstract: Although cochlear implants (CIs) have revolutionized hearing restoration, they still exhibit limitations. While efforts have focused on optimizing the delivery of spectral information, relatively little attention has been paid to replicating the precise temporal firing patterns of the auditory nerve observed in normal hearing. Our research explores factors contributing to the poor spatial hearing with CIs by investigating the sensitivity to interaural time differences (ITDs) in cochlear implanted rats. The use of this animal model allows us to circumvent confounds arising from patient needs and clinical practice that plague research on human volunteers. We trained and tested neonatally deafened rats with bilateral CIs delivering exclusively informative pulse timing ITDs throughout, and found that their ITD discrimination thresholds were as good as those of normally hearing individuals even at clinical stimulation rates. Furthermore, we observed that delivering ITDs via pulse timing is much more effective than delivering ITDs via pulse train envelopes, and that even small conflicting ITDs can confound sizeable interaural level differences (ILDs). Our findings thus demonstrate that much better outcomes with bilateral CIs should be achievable in principle if patients were given useful and precise pulse timing cues throughout. Our results indicate that uninformative pulse timing delivered by the majority of current clinical CI processors may hinder spatial hearing in CI patients.

Keywords: deafness, prosthetics, cochlear implant, binaural hearing, interaural time difference, psychoacoustics, hearing experience

Erstveröffentlichung in: GMS Z Audiol (Audiol Acoust) 2025;7: Doc08. DOI:10.3205/zaud000071

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