Auffälliges Neugeborenen-Hörscreening – und dann? Hörgeräteakzeptanz im Verlauf der ersten zwölf Monate nach Versorgung
Failed newborn hearing screening – now what? Hearing device acceptance throughout the first 12 months
Barbara Streicher1, Katrin Kral1, Ruth Lang-Roth1
1Klinik und Poliklinik für HNO-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie, Schwerpunkt Phoniatrie und Pädaudiologie/CIK, Medizinische Fakultät, Universität zu Köln, Köln, Deutschland
Zusammenfassung: Die frühe Diagnose durch das Neugeborenen-Hörscreening und die folgende Therapie bei Kindern mit Schwerhörigkeiten seit der Einführung des Neugeborenen-Hörscreenings stellt einen großen Meilenstein für die spätere Sprachentwicklung dar. Durch die frühe Anpassung von Hörsystemen ist prognostisch eine bessere Ausgangslage für die zukünftige Hör- und Sprachentwicklung des Kindes gegeben.
Während der pädaudiologischen Diagnostik und der frühen Hörgeräteanpassung ist ein multiprofessionelles Netzwerk von Ärzten, Audiologen und Pädagogen tätig. Dadurch werden Kinder mit frühkindlicher permanenter Hörstörung gut versorgt. Das Tragen der Hörsysteme ist ein wesentlicher Faktor, damit die auditive Feedbackschleife ausgebildet werden kann und die Interaktion zwischen Eltern und ihren Kindern ihren natürlichen Lauf nimmt.
In der klinischen Routine werden neben den ärztlichen und audiometrischen Kontrollen eine pädagogisch-therapeutische Vorstellung und ein Beratungsgespräch durchgeführt. Zur Erfassung der ersten Hör- und Sprachentwicklung wird regelhaft der „LittlEars“- Fragebogen (LEAQ) ausgegeben. In dieser Studie wurden von 178 Probanden die Hörgerätetragedauer und die Ergebnisse des LEAQ ausgewertet.
Im LEAQ-Fragebogen konnten im Mittel 15 (0–35; SD 9,2) Fragen positiv beantwortet werden. Bei einem durchschnittlichen Lebensalter von zwölf Monaten und fünf Tagen (MW) entspricht der Wert in dieser Stichprobe dem Entwicklungsalter von sechs bis zehn Monaten. Für die Studiengruppe liegt demnach die durchschnittliche Diskrepanz vom Lebens- zum Hörentwicklungsalter zwischen zwei Monaten und vier Monaten und fünf Tagen.
Die Auswertung der Beratungsgespräche in Verbindung mit den Ergebnissen des Dataloggings ergeben, dass die Akzeptanz der Hörgeräte (Tragezeit) lediglich bei 44,9 % der Kinder gut (8–12 Stunden) ist. Bei 25,3 % besteht eine mittlere (4–7,9 Stunden) und bei 29,8 % eine schlechte Akzeptanz (<3,9 Stunden). Anhand dieser Ergebnisse wird der Bedarf an niedrigschwelliger, ergänzender Beratung in Bezug auf den Einfluss der Verbesserung der auditiven Wahrnehmung durch die Hörgeräte und deren Auswirkungen auf den zukünftigen Spracherwerb deutlich.
Stichwörter: Kinder mit Hörschädigung, Hörgeräte, Schwerhörigkeit, Rehabilitation von Hörschädigung, Sprachentwicklungsstörung, einseitige Taubheit, asymmetrische Schwerhörigkeit
Abstract: Early diagnosis and treatment of children with hearing loss represents a major milestone since the introduction of newborn hearing screening. Early hearing aid fitting is a prognostic factor for the child’s future hearing and speech development.
Through paediatric-audiological diagnostics, a multi-professional network of physicians, audiologists and educational staff is active to ensure that children with hearing loss are cared for as best as possible. Wearing hearing aids is essential in this process for the development of an auditory feedback loop. This is a prerequisite for the natural and intuitive interaction between parents and their children. In the clinical routine, in addition to the medical and audiometric checks, educational-therapeutic consultation is performed.
The “LittlEars” (LEAQ) questionnaire of early auditory development is regularly administered to record the first hearing and speech development. In this study, the daily using time of the hearing aids and the results of the LEAQ from 178 subjects are evaluated. With an average score of 15 (0–35; SD 9,2) at the age of 12 months and 5 days, the values in this sample correspond to the developmental age of 6–10 months. Thus, for the study group, the average discrepancy between age and hearing developmental age is between 2 and 4 months and 5 days. The analysis of the counselling sessions and the evaluation of the datalogging (daily use of device) is good in 44.9 % of the children, with a medium acceptance for 25.3 % (4–7,9 hours) of the cohort and with poor acceptance for 29.8 % (<3,9 hours). Based on these results, the need for complementary and low-threshold counselling regarding the influence of the daily usage time of hearing aids and its impact on future language acquisition becomes clear.
Keywords: children with hearing loss, hearing aids, hearing disorder, rehabilitation of hearing loss, language delay, single sided deafness, asymmetric hearing loss
Erstveröffentlichung in GMS Z Audiol (Audiol Acoust). 2023;5:Doc08 DOI: 10.3205/zaud000034